zur Stadtverordnetenversammlung am 10. November 2022 stellten wir folgenden Antrag
Gegenstand:
I.) Verfahren und Umfang des Wohnraumversorgungskonzeptes
Die Stadtverordnetenversammlung spricht sich für die Erstellung eines Wohnraumversorgungskonzeptes, als langfristige und nachhaltige wohnungspolitische Strategie, für Hochheim aus, um dem gestiegenen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und den erschwerten Bedingungen seiner Herstellung und Erhaltung entgegenzuwirken.
1.) Der Magistrat wird beauftragt alle notwendigen Schritte zur Erarbeitung eines Wohnraumversorgungskonzeptes einzuleiten und Angebote externer Dienstleister zur Beratung und Begleitung des Erarbeitungsprozesses einzuholen.
2.) Das Verfahren zur Konzepterstellung soll dem Leitfaden zur Erstellung kommunaler Wohnraumversorgungskonzepte in Hessen entsprechen, der im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU) entwickelt wurde.
3.) Die Stadtverordnetenversammlung bittet den Magistrat zu prüfen, ob im Rahmen des Wohnraumversorgungskonzepts auch eine Bewertung der Potenziale und Grenzen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums durch die Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH sowie die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen und ggf. strategischen Neuausrichtungen der Gesellschaft erarbeitet werden sollten.
4.) Der Magistrat wird gebeten das Interesse benachbarter Kommunen an einem gemeinsamen Wohnraumversorgungskonzept abzufragen und die Bereitschaft zur interkommunalen Zusammenarbeit bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu äußern.
II.) Zielsetzung des Wohnraumversorgungskonzeptes
Die Zielsetzungen an denen sich das Wohnraumversorgungskonzept orientieren soll, sollen abschließend im BVU beraten und beschlossen werden. Neben weiteren Vorschlägen aus den Fraktionen, soll der BVU über folgende Zielsetzungen beraten und beschließen:
1. bezahlbarer Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen und Generationen (Mietwohnungen)
2. generationsübergreifende Wohnformen und sozial durchmischte Quartiere
3. barrierefreie und seniorengerechte Wohnungen
Sachdarstellung:
In den vergangenen Jahren sind die Immobilienpreise und Mieten in Hochheim stark angestiegen. Insbesondere für Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen wird es zunehmend schwieriger, sich am freien Markt mit Wohnraum zu versorgen. Der Hochheimer Stadtverordnetenversammlung ist dieses Problem bekannt und sie hat sich bereits wiederholt mit diesem Problem beschäftigt und sich regelmäßig für die Schaffung preisgünstiger Wohnungen ausgesprochen. Der Anspruch die Hochheimer Bürgerinnen und Bürger mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, ist zumindest den Wahlprogrammen der Hochheimer Parteien zufolge Konsens aller Fraktionen. Bislang sind jedoch nur wenige Maßnahmen beschlossen worden, um dem Mangel an preisgünstigen und bezahlbaren Wohnungen entgegenzuwirken und gezielt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Nachdem in der vergangenen Wahlperiode keine Mehrheit für die Erarbeitung eines Wohnraumversorgungskonzepts und somit einer wohnungspolitischen Gesamtstrategie erlangt werden konnte, hat sich die Versorgungssituation mit Wohnraum nochmals dramatisch verschlechtert. Zum einen hat sich der Bestand mietpreisgebundener Wohnungen durch das Auslaufen der Sozialbindung verringert, zum anderen ist der Bedarf an gefördertem Wohnraum durch die Anerkennung von Asylbewerbern und die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen stetig gestiegen. Um dieser Notlage entgegenzuwirken, haben Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zu Beginn des Jahres verschiedene kurzfristige und mittelfristige Maßnahmen zur schnellen Beschaffung von dringend benötigtem Wohnraum beschlossen. Diese Maßnahmen reichen jedoch nicht aus, um dem weitaus größeren Bedarf gerecht werden und sie sind aufgrund ihrer enormen Kostenineffizienz nicht als Beispiel für zukünftige Projekte geeignet. Aktuell wurde entschieden, ein dringend benötigtes Wohnbauprojekt der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft nur teilweise in Auftrag zu geben, da die verschlechterten Rahmenbedingungen (gestiegene Baupreise, gestiegene Finanzierungskosten, Inflation, Lieferengpässe etc.) eine vollständige Umsetzung des Projekts wirtschaftlich unmöglich machen.
Diese Entwicklungen, die die Herstellung und Erhaltung bezahlbaren Wohnraums nochmals deutlich erschweren, machen neue kreative Ansätze, eine wissenschaftliche Beurteilung des Wohnraumbestands, der Potenziale und Grenzen kommunaler Wohnungspolitik und eine strategische Ausrichtung der Hochheimer Wohnungspolitik notwendig.
Der nur noch stark begrenzt verfügbare Raum zur Entwicklung unserer Stadt muss effizient und bedarfsgerecht genutzt werden. Dafür ist ein städtisches Wohnraumversorgungskonzept, welches auf einer detaillierten Marktanalyse und Bedarfsprognose aufbaut und mit belastbaren Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen eine Grundlage und Entscheidungshilfe für künftige Planungen gibt, unerlässlich. Als ein Best-Practice-Beispiel sehen wir das bereits 2010 beschlossene Wohnraumversorgungskonzept der Stadt Hofheim. Das Wohnraumversorgungskonzept der Stadt Hofheim wurde mit der Unterstützung des Darmstädter Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) erstellt, welches auch im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums einen Leitfaden zur Erstellung kommunaler Wohnraumversorgungskonzepte entwickelt hat. Die Konzepterstellung in Hofheim hat ca. 25.000 EUR gekostet. Zusätzlich hat die Stadt Hofheim eine Bewertung und strategische Neuausrichtung ihrer Wohnungsbaugesellschaft, in Auftrag gegeben, die der HWB zu ihrer heute so erfolgreichen Stellung verholfen hat. Mit Blick auf den Antrag der FWG, der die Überprüfung einer möglichen Trennung der beiden Geschäftsbereiche der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft zum Inhalt hat, könnte sich eine solche Potenzialanalyse und Neuausrichtung auch für die Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft positiv auswirken.
Ein Wohnraumversorgungskonzept liefert die erforderlichen Analysen und Handlungsempfehlungen, um die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen, die es für eine zukunftsorientierte Wohnungspolitik in Hochheim und eine Stärkung der Hochheimer Wohnungsbaugesellschaft braucht.